Montag, 9. Juli 2012

Der heißeste Tag im Jahr...

war vermutlich der 1. Juli in Klagenfurt. Und wie könnte man einen so heißen Tag besser verbringen als mit einem Ironman? 

Eine Woche ist seit diesem Tag vergangen und langsam fühle ich mich wieder entsprechend aufgetankt und kann versuchen, das erlebte in Worte zu fassen. Denn die ersten 4-5 Tage nach dem Ironman war ich körperlich und mental einfach nur leer und ausgepumpt. Jetzt, eine Woche später kehr langsam die Normalität ein und ich kann mit Stolz zurückblicken.

Begonnen hat der Tag um 4 Uhr früh mit ausreichend Frühstück. Interessanterweise war ich bisher vor jedem Wettkampf extrem nervös - nur nicht an diesem Tag?! Vorfreude und Ruhe - ein ganz neues Gefühl am Wettkampftag :-) Kurz nach 5 Uhr war dann die Ankunft in der Wechselzone. Nochmals das Rad checken, Verpflegung am Rad montieren, Luftdruck prüfen, Inhalt der Wechselzonenbeutel für die übrigen Disziplinen kontrollieren, etc. Kaum hab ich mich versehen, war dann auch schon 6 Uhr durch und Zeit, an den Start zu gehen. Waren da schon Leute auf Weg - Wahnsinn. Überall Zuschauer und Athleten - geil. Sensationell. Da sieht man halt, dass so ein Ironman schon eine andere Dimension hat. Ein paar Aufwärmübungen, kurz Einschwimmen und schon wars Zeit für den Start. Aufgrund der hohen Wassertemperatur vom Wörthersee wurde erstmals in der Geschichte vom Ironman ohne Neoprenanzug geschwommen. Bin zwar ein guter Schwimmer, aber mit Neo wär die erste Disziplin doch ein wenig lockerer gewesen. Insgesamt muss ich sagen, dass ich mit meiner Schwimmleistung zufrieden bin. Aus den ärgsten Rangeleien konnte ich mich raushalten, bin den direktesten Weg geschwommen, zum ersten Mal Wettkampfschwimmen ohne Krampf in den Beinen, Zeit war auch ok - so soll´s sein. Der erste Wechsel war relativ geschmeidig und so fand ich mich bald auf der Radstrecke wieder. 


Die Radstrecke in Klagenfurt hat es schon in sich. 2 Runden á 90km. Jede Runde gespickt mit ordentlich Höhenmetern. Die erste Runde war soweit noch richtig in Ordnung. Noch halbwegs kühl, voller Tank, lockere Beine - da ging schon war. Halt im Rahmen meiner Möglichkeiten... :-) Auch hier wieder das leidige Thema Gewicht. In der Ebene und den Abfahrten konnte ich super mithalten, kaum ging´s in eine Steigung fuhren mir die anderen davon. Das ist jetzt einfach die nächste Stellschraube an der gearbeitet werden muss. 10-15kg gehen da sicher noch. In der Mitte der zweiten Radrunde ist mir dann in einer Abfahrt eine Speiche am Vorderrad gerissen. War das ein Schock. Sofort ein massiver Achter im Rad - massiver Kontrollverlust. Ich musste die Vorderradbremse öffnen um weiterfahren zu können. Da ich mitten im Niemandslands war beschloss ich, bestmöglich weiterzufahren um auf eine der Reparaturstationen zu treffen. Natürlich habe ich mich dann nicht mehr getraut, es in den Abfahrten laufen zu lassen. Viel wertvolle Zeit habe ich da liegen gelassen :-( Die Kilometer zogen ins Land und kein Mechaniker ist gekommen und meine Verzweiflung stieg. Schlimmer wurde es dann nur noch, als mir knapp 20km weiter eine zweite Speiche am Vorderrad gerissen ist. Die Vorderradbremse musste ich komplett öffnen, damit sich das Rad überhaupt noch gedreht hat so verzogen war es. Da dachte ich dass mein Wettkampf vorbei sei. Monatelanges Training und dann das Aus wegen eines Defekts. Das kann so nicht sein. Habe dann einen Wettkampfrichter angehalten und ihn darum gebeten, dass er mir einen Mechaniker schicken soll. Er meinte, ein Stück weiter bei der nächsten Labe sei einer. Zum Glück stecke ich den Kopf nicht gleich in den Sand und suche die Lösung. Also habe ich mein Rad noch knapp 5km weitergezirkelt und der Mechaniker bei der Labestation hatte tatsächlich ein Ersatzrad für mich. Dieser Defekt hat mich sicher 20 - 25min Zeit gekostet. Schade. Die zweite Radrunde war relativ ruhig. Das Feld hat sich verteilt und die Temperaturen stiegen immer weiter an. An Kühlung durch den Fahrtwind war nicht mehr zu denken. Insgesamt hab ich auf dem Rad etwas mehr als 10 Liter Flüssigkeit verbraucht. Ein wichtiger Teil vom Rennen betrifft ja die Verpflegung. Für mich als "Vielverbrenner" umso mehr. Zum Glück habe ich auf meiner Uhr einen Alarm eingestellt der mich regelmäßig an´s essen erinnern sollte. Ohne den hätte ich die Hälfte der Riegel nicht geschafft. Das süße Zeug hängt einem irgendwann einfach zum Hals raus. Ab Mitte der zweiten Radrunde haben dann langsam die Verspannungen zugenommen. Sind halt doch ein paar Kilometer zu fahren. Und vor allem muss ich was mit meinen Radschuhen machen. Immer so ab rund 120km fangen meine Fußballen an zu schmerzen. Hoffe die neuen orthopädischen Einlagen schaffen hier Abhilfe. Beim zweiten Mal auf dem Rupertiberg angekommen wusste ich, dass ich bei der Radstrecke durch bin. Es waren zwar noch 30km zu fahren, aber der Rupertiberg ist der höchste Punkt der Strecke. Von da an geht´s fast nur mehr abwärts Richtung Klagenfurt. Beim zweiten Wechsel gings dann nicht mehr so geschmeidig. 

Ein Boxenstop am Dixi musste eingelegt werden. Was für ein Spaß. Ein Dixi bei 38°C - den ganzen Tag in der Sonne gebacken... Nicht lustig. Und irgendwie war nach den 180km am Rad jede Bewegung ungelenk. Wieder wertvolle Zeit verloren. Mit einiger Verzögerung ging´s dann auf die  Laufstrecke. Die Schmerzen in den Fußballen ließen leider nicht nach und wer ein Eisenmann werden will, muss da wohl durch. Die ersten paar Kilometer gingen auch relativ flott ins Land. Da ich davor noch nie einen Marathon gerannt bin, habe ich mir die Laufstrecke in kleine Abschnitte eingeteilt. 10min laufen, 1min gehen. Steter Tropfen höhlt den Stein. Und heiß war es auf der Laufstrecke. Pervers. Im Bereich der Privathäuser waren rund alle 200m nette Privatpersonen die mit Gartenschläuchen versucht haben Abkühlung zu verschaffen. Hat auch funktioniert - für ungefähr 5 Sekunden, dann war´s wieder brennend heiß. Es ist schon interessant, wie sich die Relationen mit den Aufgaben verändern. Wenn ich Sonntagmorgens im Training zu einem 25km Lauf aufbreche, kommt mir das viel, weit und lang vor. Beim Ironman nach 9,5h Wettkampf und 202km am Tacho sind mir die fehlenden 24km aber wie ein Klacks vorgekommen. Bin schon froh über meine mentale Stärke. Vor allem in den Situationen, in denen ich nieder sitzen, meine Schuhe ausziehen und die Füße massieren musste weil vor Schmerzen auch gehen fast nicht mehr möglich war. Da gehört dann schon einiges dazu um wieder aufzustehen und nicht einfach nur liegen zu bleiben. Immer wieder habe ich zwar trotz Uhralarm Gels bzw. Kalorien ausgelassen weil ich einfach nichts süßes mehr essen wollte bzw. konnte. Leider - schwerer Fehler! Der Mann mit dem Hammer ist gnadenlos. Bei KM 35 hat er dann auch mich gefunden. Hab dann bei einer Labestation mit Gels versucht wieder aufzutanken und dachte es sei eine gute Idee, noch 2 Stücke Wassermelonen essen um was "vernünftiges" im Magen zu haben. Die Folge - üble Magenkrämpfe. Goldene Regel - Keine Experimente im Wettkampf! Irgendwer hat einen Marathon einmal als "35km Hoffnung und 7km Realität" beschrieben. So bin ich mir dort auch vorgekommen. Mit den Magenkrämpfen war an ein Rennen nicht zu denken - die Folge 7km Wandertag. Das war die längste Zeit vom ganzen Wettkampf. 

Als das Finish dann in greifbare Nähe kam waren alle Schmerzen, Mühen und Strapazen wie weggeblasen. Den Zielkanal habe ich in aller Ruhe genossen. All das Training und Mühen für diesen Moment! Unbeschreiblich, kann ich gar nicht in Worte fassen. Das muss man selber erlebt haben. Alleine die magischen Worte... You are an Ironman!

I AM AN IRONMAN! I DID IT!

Unbeschreiblich! Und erschüttern kann mich jetzt auch nix mehr. Bei den Bedingungen und unter diesen Umständen zu finishen - glaub da darf ich stolz darauf sein. Ich war zwar nicht der schnellste, aber ich bin durch. Schnell werde ich dann beim nächsten Mal :-) 

Ein herzlicher Dank an die Unterstützung am Streckenrand durch meine Frau und Freunde. Schön dass ihr an mich geglaubt habt! Ohne Euch wäre es noch viel schwieriger gewesen!

Fragt sich nur, wie´s jetzt weitergeht. Die weiteren Ziele für dieses Jahr sind klar, aber nächstes Jahr? So ein Langdistanzfinish hat schon seinen besonderen Reiz.

Nizza? Barcelona? Zürich? Henley-on-Thames? Roth? nochmals Klagenfurt?
Wir werden´s sehen :-)

Anything is possible!
Euer Schmott